Beschäftigen Sie Minijober in Ihrem Verein, Ihrer Sektion oder in Ihrem Unternehmen? Wir haben in einigen Gesprächen in der letzten Zeit festgestellt, dass immer noch Unsicherheiten über die seit Anfang des Jahres geltenden Neuregelungen da sind. Stichwort:

Mini Job in Gefahr! – Anpassung der Arbeitsverträge
Daher (nochmal) als kleiner Service von LKC Rosenheim, für Sie eine Zusammenfassung der Hintergründe und ein paar Tipps für die Umsetzung:

Folgende Sachverhaltsvoraussetzungen sind relevant: Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer soll eine geringfügige Beschäftigung vereinbart sein. Der Arbeitgeber (und in manchen Fällen auch der Arbeitnehmer) legt Wert darauf, dass die Arbeitszeit möglichst flexibel gestaltet werden kann.

Gesetzgeber und Rechtsprechung hatten früher solchen Bestrebungen zur Flexibilisierung der Arbeitszeit einen Riegel vorgeschoben, weil man zum Schutz der Arbeitnehmer sicherstellen wollte, dass das wirtschaftliche Risiko für die Auslastung des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber blieb. Deshalb regelt § 615 BGB, dass der Arbeitgeber das sogenannte Betriebsrisiko, also das Risiko eines Arbeitsausfalls trägt. Ende des Jahres 2005 hat das Bundesarbeitsgericht dann entschieden, dass ein Teil des Wirtschaftsrisikos auch auf den Arbeitnehmer übertragen werden kann, wenn zwischen den Parteien „Arbeit auf Abruf“ vereinbart wird. Das Gericht hat erkannt, dass starre Arbeitszeiten in der heutigen Arbeitswelt nicht mehr praktikabel sind und kurzfristige Auftragsschwankungen über flexible Arbeitszeitsysteme ausgeglichen werden müssen. Deshalb wurde durch das Gericht die Möglichkeit geschaffen, zusätzlich abrufbare Arbeitszeit bis zu 25 Prozent der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit in Anspruch zu nehmen. Genauso konnten sich Arbeitgeber das Recht vorbehalten, die vereinbarte Arbeitszeit um bis zu 20 Prozent zu reduzieren. Auch eine Kombination der Möglichkeiten zur Reduzierung und Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit wurde als zulässig erachtet. Durch entsprechende Vertragsgestaltungen sollten solche Regelungen zur Flexibilisierung im Arbeitsvertrag festgelegt werden. Diese Grundsätze wurden mittlerweile im Teilzeitbefristungsgesetz niedergelegt.

In der aktuellen Diskussion wurde der Stein durch eine Änderung von § 12 Teilzeitbefristungsgesetz ins Rollen gebracht.

Der Gesetzgeber hatte zum Schutz der Arbeitnehmer festgelegt, dass eine Vereinbarung zur Erbringung von Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall (Arbeit auf Abruf) möglich ist. Voraussetzung war die Festlegung einer bestimmten Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit, sowie die vorgenannten Regelungen zu Über- und Unterschreitung und Regelungen zur Vorabmitteilung. Wenn es an einer Festschreibung der wöchentlichen Arbeitszeit fehlte, wurde eine fiktive Zurechnung von Arbeitszeit für die Dauer von 10 Stunden im Gesetz festgeschrieben.

§ 12 Teilzeitbefristungsgesetz wurde ab dem 01.01.2019 dahingehend geändert, dass die fiktive Festschreibung der wöchentlichen Arbeitszeit seither auf 20 Stunden vorgenommen wird.

Mit den 10 Stunden die früher galten, hatte man aus folgendem Grund kein Problem: Es blieb bei einer geringfügigen Beschäftigung, selbst wenn 10 Stunden fiktiv zugrunde gelegt wurden. Warum? 10 Stunden multipliziert mit dem Mindestlohn, der hier meist vereinbart war, erreichten nicht die Grenze von zunächst 400,00 Euro bzw aktuell 450,00 Euro. Nur bis zu dieser Grenze spricht man von einer „geringfügigen Beschäftigung“ mit ihren entsprechenden steuer – und sozialversicherungsrechtlichen Vorteilen. Dementsprechend wurden Stundenlöhne so gewählt, dass die Anforderungen des Mindestlohngesetzes eingehalten worden sind und es bei einer geringfügigen Beschäftigung blieb.

Mit der Neuregelung können sich also entsprechende negative Konsequenzen ergeben: Wenn keine wöchentliche Arbeitszeit festgelegt ist, gelten seit 01.01.2019 im Zweifel 20 Stunden als vereinbart (gesetzliche Fiktion). In diesem Fall muss man sich dann natürlich ebenfalls fragen, ob der Mindestlohn noch erreicht wird? Zur Zahlung des Mindestlohns ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet. Seit 2019 gilt ein Mindestlohn von 9,19 EUR. Ausgehend von 4,33 Wochen im Monat ergibt sich hier bei einer 20 Stunden Woche ein Lohnanspruch von 796,47 EUR pro Monat. Ergebnis: Es liegt keine geringfügige Beschäftigung mehr vor, das Arbeitsverhältnis wird wie ein „völlig normales“ Beschäftigungsverhältnis der Besteuerung und der sozialversicherungsrechtlichen Abgabenlast unterworfen. Das ist aber in den seltensten Fällen von den Vertragspartnern gewollt!

Zu beachten ist bei alledem aber, dass § 12 Teilzeitbefristungsgesetz sich in direkter Anwendung ausschließlich auf Fälle der Arbeit auf Abruf bezieht. Das Problem ist jetzt jedoch, dass unabhängig von der Bezeichnung der Tätigkeit, das Risiko besteht, dass auch Arbeitsverhältnisse als „Abrufarbeit“ qualifiziert werden, die von den Parteien zunächst einmal als andere Arten der Flexibilisierungsarbeitszeit betrachtet werden. In manchen Fällen haben sich die Parteien auch zunächst einmal keine Gedanken darüber gemacht, dass eine ungeregelte und grenzenlose Flexibilisierung von Arbeitszeiten unter Umständen unwirksam ist. Laut Auskunft einzelner Betriebsprüfer wird zwar auf die Gesamtthematik im Moment kein besonderer Fokus gelegt und eine Einordnung als Abrufarbeit nur dann vorgenommen, wenn wirklich ein Abrufarbeitsverhältnis vorliegt. Die Aussage lautet sinngemäß „es werde nicht so heiß gegessen, wie es gekocht werde“, wir raten diesbezüglich jedoch zur Vorsicht! Derartige interne Vorgaben für Betriebsprüfungen können jederzeit geändert werden und die eindeutige Abgrenzung, ob ein Arbeitsverhältnis als
Abrufarbeitsverhältnis oder als eine sonstige Form einer zulässigen Arbeitszeitflexibilisierung gesehen wird, ist schwierig.

Was ist also zu tun?

Die Neuregelung findet dann keine Anwendung, wenn eine wirksame Vereinbarung über die wöchentliche Arbeitszeit getroffen wurde. Dann gibt es nämlich keinen Raum für eine fiktive Annahme, wie sie der Gesetzgeber im § 12 Teilzeitbefristungsgesetz vorsieht.

Wenn keine tägliche Arbeitszeit festgelegt ist, muss der Arbeitnehmer täglich mindestens 3 Stunden durchgängig beschäftigt werden. Wir empfehlen daher auch die tägliche Arbeitszeit zu regeln.

Außerdem muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nur dann erbringen, wenn der Arbeitgeber ihm mindestens 4 Tage vorher mitteilt, wann die Arbeitszeit genau zu erbringen ist.

Hinweis: Gerade in einfachen Mustern für den Minijobvertrag wird häufig keine Festlegung der Arbeitszeit getroffen. Hier droht Gefahr!

Praxistipp: Legen Sie die wöchentliche (und wenn möglich auch die tägliche) Arbeitszeit fest, damit erreichen Sie, dass für die fiktive Zurechnung von 20 Stunden kein Raum mehr gegeben ist, dass Sie geringere Wochenarbeitszeiten und eine höhere Flexibilität vereinbaren.

Praxistipp: Es genügt nicht, eine Stundenlohnvereinbarung mit dem Mitarbeiter abzuschließen. Wenn Sie also beispielsweise nur einen Personalbogen bei Ihren Unterlagen haben, indem Sie den Stundenlohn fixiert haben, kann es sein, dass eine Rentenversicherungsprüfung einen Abrufarbeitsvertrag unterstellt. Dann wird nach der Neuregelung unter Umständen eine Beschäftigung von 20 Stunden pro Woche festgesetzt. Das hat die oben bereits skizzierten Folgen. Daneben drohen Lohnnachforderungen durch den Arbeitnehmer, zum anderen drohen Nachzahlungen der Sozialversicherungsbeiträge bis zu 4 Jahre rückwirkend und unter Umständen weitere negative Folgen zum Beispiel bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bei Urlaubsansprüchen.

Häufig wird auch die Frage gestellt, ob man denn dann überhaupt noch eine Mindestdauer von 20 Stunden pro Woche und bzw. oder von 3 Stunden pro Tag auch unterschreiten kann? Das wird in der Literatur etwas unterschiedlich diskutiert, die überwiegende Meinung geht aber davon aus, dass das möglich ist.

Wenn Sie einen wirksamen Abrufarbeitsvertrag vereinbaren wollen, sollten also bestimmte Klauseln aufgenommen werden, mit denen Sie konkret festgelegte, geringere Arbeitszeiten vereinbaren. Gerne helfen wir Ihnen bei der Formulierung. Sie sehen, hier gibt es eine Vielzahl von Varianten und weitergehenden Fragen, die einige Risiken mit sich bringen.

Als Faustregel können Sie mitnehmen: Der Gesetzgeber möchte zum Schutz der Arbeitnehmer, dass Arbeitszeiten konkret festgelegt werden und das wirtschaftliche Risiko einer Nichtbeschäftigung soweit wie möglich beim Arbeitgeber verbleibt. Dementsprechend beschränkt der Gesetzgeber eine allzu weite Flexibilisierung von Arbeitszeitvereinbarungen mit dem Arbeitnehmer. Durch entsprechend konkrete Vereinbarungen mit dem Arbeitnehmer kann man sich vor „bösen Überraschungen“ bei einer Betriebsprüfung oder vor dem Arbeitsgericht schützen und die gewünschte Flexibilität soweit als möglich erreichen. Gerne können wir Ihre Vereinbarungen dahingehend überarbeiten, dass ein zulässiges Maß an Flexibilisierung erreicht wird und zugleich das Risiko aufgrund einer fiktiven Zurechnung von 20 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit wegfällt.

Ergänzende Hinweise:

  • An den Aufzeichnungspflichten für Minijobs gem § 17 MiLoG hat sich natürlich nichts geändert!
  • Falls Sie noch keinen Vertrag mit Ihrem Mini Jobber haben….bitte einen schriftlichen Vertrag abschließen!
  • Kennen Sie den neuen „Übergangsbereich“ bei den Midi Jobs schon?

Bitte sprechen Sie uns an, wenn Sie hier Beratungsbedarf haben!

Mit freundlichen Grüßen und den besten Wünschen für den Jahresendspurt.

Ihre Veronika Kogel
Steuerberaterin und Geschäftsführerin

Telefon: +49 8031 18040
Mail: veronika.kogel@lkc.de